Die ersten Sonnenstrahlen schieben sich verstohlen ins Zimmer und versuchen mich sanft mit ihren warmen Fühlern aus dem Reich der Träume zurück in das hier und jetzt und wieder in die Welt der Wirklichkeit zu locken. So oder so ähnlich hätte es sein können. Leider zeigte sich die Sonne heut Morgen hingegen nur sehr schemenhaft und trüb durch den kühlen und dicken Brei des grauen Allerleis dieses Samstagmorgens. Also kein Grund zur übereilten Bettflucht dachte ich so bei mir und genoss so erstrecht die mir dargebotene Change den Tag in aller Ruhe beginnen zu können nun in vollen Zügen. Einzig ein ans Bett gebrachtes übervolles und reichhaltiges Frühstück hätte diesem Moment noch die Kaiserliche Krone aufsetzen können. Aber das gehörte dann wohl wieder ins Land der Träume… ;-)
Von einem Frühstück jedweder Qualität war ich nämlich noch weiter entfernt als ich eben noch vermutet hätte. Das gestern noch so gepriesene Frühstück vom Hostel fiel nämlich nicht nur spärlich aus, wie meist üblich in den Hostels sondern diesmal sogar gänzlich. Wie wir später auf Nachfrage erfahren haben hatte man uns schlicht vergessen. Das nagt ja dann schon ein wenig an der Ehre. Wie kann man UNS denn vergessen…? ;-) Um den Tag nicht gänzlich mit leerem Magen beginnen zu müssen haben wir kurzfristig einfach Plan B ausgeführt und den nahegelegenen kleinen Supermarkt für unsere kulinarischen Bedürfnisse geplündert. Keine halbe Stunde später saßen wir bei frischen Spiegeleiern, krossem Toast und einer dampfenden Tasse Kaffee am Esstisch zusammen. So sah die Welt doch schon um einiges besser aus… ;-)
Nach dem überaus leckeren Frühstücksgelage sind wir zur Aktion „neumáticos nuevos“ oder schlicht wo bekomme ich nun endlich mal einen neuen Reifen für meine Betty her übergegangen. Heino hatte sich vorsorglich einen zweiten Satz Heidenau K60 von Deutschland mit gebracht und hier in Valparaiso hinterlegt. Den er sich nun aufziehen lassen wollte um die anschließende Tour im neuen Jahr ohne Probleme durch fahren zu können. Vorteil für mich sein Vorderreifen war nach den knapp 10.000 Km noch so topp das der locker noch für den „Rest“ meiner Tour zu gebrauchen war. Das schont nicht nur den Geldbeutel sondern auch noch die Umwelt. ;-) So sind wir denn mal kurz zum Reifenfritzen seines Vertrauens vorbei und haben mal fix die Puschen an seiner Maschinen gewechselt und mir gleichzeitig seinen „alten“ vorne drauf gezogen. So schön kann gebraucht sein… ;-) Einen Hinterreifen gab´s leider zum Weihnachtsgeschenkt nicht noch obendrauf. Zum einen weil der Hinterreifen von Heino einen Riss aufwies der nun langsam eine sehr unschöne Größe annahm und zum anderen weil außer Autoreifen bei dem Reifenfritzen einfach nichts zu bekommen war. Also aufsitzen und weiter suchen. Sollte doch wohl möglich sein in so einer großen Stadt ein paar neue Solen für die Betty zu bekommen.
Weit sind wir nicht gekommen. Genauer gesagt drei Kreuzungen weiter. Dann ging erst mal gar nichts mehr. Aus Heinos Maschine sprudelte das Öl als wenn wir auf eine Ader gestoßen wären. Innerhalb weniger Augenblicke war nicht nur die halbe Maschine sondern auch die halbe Straße mit einem Ölfilm bedeckt. Sehr suboptimal um es mal vorsichtig auszudrücken. Kaum schwieg die Maschine versiegte auch mit einem Schlag die Ölfontaine. Nach einem kurzem check stellten wir eine undichte Schraubverbindung im linken Zylinder fest. Eigentlich kein neues Problem an Heinos Maschine. Die betreffende Schraube hatte schon seit einiger Zeit eine Undichtigkeit und leckte beim Kaltstart immer mal etwas Öl. Bislang halt aber immer nur einige wenige Tropfen. Unser Versuch die Schraube wieder fest anzuziehen hatte das Problem leider nicht wirklich verbessert. Dazu muss man aber auch erwähnen dass die Position der Schraube mehr als nur einfach ungünstig war. So konnten wir jedenfalls erst mal nicht weiter fahren. Und mitten auf der Straße bei nun mehr gefühlten 35 Grad ohne Schatten konnten wir auch nicht viel erreichen.
Viel erreichen konnten wir hingegen auch nicht beim heimischen BMW Händler. Mit vielen freundlichen ja ja und nein nein gab er uns sein Bedauern über die missliche Lage kund und zu verstehen das ihm das zwar sehr leid tun würde er aber im Moment und damit meinte er vor Montag also Übermorgen nicht behilflich sein könnte. Wenn wir denn also Montag wieder vorbei kommen könnten würden wir mit dem Mechaniker einen Termin vereinbaren für eine Überprüfung des Problems. Vor Mitte der Woche allerdings könnten wir nicht damit rechnen. Sprich hilf dir selbst dann wird dir geholfen so in etwas hätte man das auch übersetzen können. Aha ok na dann danke für das Gespräch… :-/
Also wieder zurück zum wartenden Heino. Klar dass wir die Maschine nicht einfach so am Straßenrand zurück lassen wollten. Nicht das sich da nachts noch einer dran zu schaffen macht und die einfach so repariert. ;-) Da wir also eh warten mussten konnten wir sie also genauso gut selbst versuchen zu reparieren. Zeit hatten wir ja nun eh. Also haben ich mal kurzer Hand das Rentier für Heinos Maschine gespielt, meine Betty davor gespannt und sie zurück ins Hostel geschleppt. Wer Valparaíso kennt weiß das die Straßen durch die Stadt einer einzigen Berg und Thal Bahn gleichen. Ein ewiges auf und ab über die vielen Hügel der City. Schön anzusehen unschön zu laufen und noch viel unschöner zum Abschleppen geeignet. ;-) Ich kann euch sagen die 300 Kg die ich dann zusätzlich am Gepäckträger hatte waren durch das laute und gequälte wehklagen jedes einzelnen Ventils deutlich zu vernehmen. ;-)
Wieder im Hostel konnten wir nun endlich in Ruhe das Problem angehen. Wir hatten Zeit und Platz und mehr braucht man halt manchmal auch nicht. Wie wir schon vermutet hatten war die Schraube, genauer gesagt der „Steuerkettenspanner“ am linken Zylinder undicht. Um zu überprüfen ob diese Undichtigkeit eventuell von einer beschädigten oder gerissenen Dichtung herrührte mussten wir als erstes die Schraube etwas lösen. Leichter gesagt als getan. In Anbetracht der völlig verbauten und unzugänglichen Stelle, wer das schon mal selber versucht hat weiß wovon ich spreche war das Hantieren mit dem Maulschlüssel eine echte Sisyphusarbeit. So benötigten wir für das Lösen und das kontrollieren des Dichtringes und anschließenden das korrekte anziehen des Steuerkettenspanners fast drei Stunden. Für eine Schraube ist das echt ein Witz. Aber probierts ruhig mal selbst. Allein schon das Erreichen der Schraube mit dem Maulschlüssel ist schon eine Kunst für sich… ;-)
Naja zumindest hat sich der ganze Aufwand gelohnt. Die Schraube sitzt wieder bombe (sogar besser als vorher) das Öl bleibt wo es soll und die Maschine ist wieder startklar. Was will man mehr… ;-)
Wo ich schon mal das Werkzeug in den Händen hatte bin ich meiner Betty auch gleich mal an die Schrauben gegangen. Die hinteren Bremsbeläge waren mal wieder fällig. Außerdem hab ich noch mal einen Versuch gestartete den hinteren Spritzschutz wieder zu befestigen. Abgerissen hatte ich mir den ja schon vor einer Weile beim „Spielen“ in der Sandkiste in Bolivien. Allzu viele Hoffnungen auf eine unbegrenzte Haltbarkeit mach ich mir allerdings in Anbetracht einer im Gewindeschacht abgebrochenen Schraube und eines abgebrochenen Führungsstiftes, am Spritzschutz selber nicht. Wer mitgezählt hat eine Schraube ist noch im Original den Rest übernehmen jetzt Kabelbinder… ;-) Bedingt durch die Bastelstunde war´s heut also nichts mehr mit einem neuen Hinterreifen. Ok dann also Montag auf ein Neues… ;-)
Zum Abendessen haben wir dem Stadtviertel noch mal einen ausgiebigen Besuch abgestattet. Bis wir schließlich in einem schicken aber auch nicht wirklich günstigen Restaurant gelandet sind.
In diesem Sinne Guats Nächtle… :-)