Der Morgen war gnädig und begrüßte uns zur Abwechslung mal nicht mit drückender Hitze. Der Dauerregen der sich uns stattdessen bot hätte allerdings auch nicht unbedingt sein müssen. ;-)
Nach gut einer Stunde waren wir dann soweit. Theo´s Maschine war gepackt und meine Hinterradfelge auf seinem Topcase verzurrt. Da der Regen zur allgemeinen Freude leider nicht nach ließ sondern sogar noch an Stärke zu nahm durften wir uns auch noch in unsere Regenklamotten pellen.
Dass ich als Sozius nicht wirklich geeignet bin hatte ich schon lange vermutet und musste dies bis dahin auch eher selten unter Beweis stellen, meine 1,86 m prädestinierten mich im Allgemeinen schon nicht dazu. Der Umstand das die Packrolle auf dem rechten Koffer und mein Rucksack auf dem linken Koffer verzurrt waren und somit meine Beinfreiheit gegen null tendierte, zudem das Hinterrad gute zehn Zentimeter nach vorne zum Sozius überstand und mir quasi permanent in den Rücken bohrte machte dies zu einer Erfahrung der ganz besonderen Art. Vielleicht sähe das schon anders aus wenn ich eher Theo´s Größe haben würde oder wenn man als Paar zusammen fährt und Mann/Frau so zumindest die Alternative hätte sich beim Fahrer anlehnen zu können… So war ich denn eher in einer Art Schwebezustand gefangen und musste mich permanent links und rechts an den Taschen festhalten (an die Seitengriffe kam ich ja wegen der Taschen nicht mehr ran) um nicht bei jedem Bremsen Theo in den Rücken zu fallen und nicht bei jedem Beschleunigen den Reifen in den Rücken geknallt zu bekommen. Und das gute vierhundert Kilometer über ungezählte Bremshuckel, Schlaglöcher und Serpentinen. Zudem konnten wir die Strecke nicht mal wirklich zügig hinter uns bringen da Theo seine Maschine tiefer gelegt ist und wir deshalb des Öfteren mit dem Hauptständer aufsetzten…
Nach dieser Erfahrung zolle ich echt jedem Sozius meinen Respekt und weiß nun noch mehr als vorher zu schätzen welche Bewegungsfreiheit ich als Fahrer auf meiner Betty genieße. ;-)
Irgendwann endet zum Glück aber auch die längste Quälerei. So war es dann schon deutlich besser als wir in Medellín die Koffer und Taschen im Hostel verstaut hatten und ich mich nun an den Haltegriffen festhalten konnte und nur noch mit dem aufgeschnallten Hinterreifen „kämpfen“ musste. So konnte man es denn dann auch aushalten. Wir hatten die Suche schon fast aufgeben wollen und waren schon so gut wie auf dem Weg zur BMW Werkstatt als wir nach gut zwei Stunden Suche nach einem geeigneten Hinterreifen, für mich und Theo dann überraschend doch noch in einem kleinen Zubehörladen fündig wurden. Zwischen all den „Spielzeugreifen“ für 125´er lag doch tatsächlich ein Tourance mit genau der passenden Größe. Das konnte ja schon kein Zufall mehr sein der hatte doch nur auf mich gewartet. ;-) Und das auch noch zu einem Super Schnäppchenpreis von gerade mal 265.000 Peso umgerechnet waren das nicht mal 100 €. Zum Vergleich mein letzter Vorderreifen kostete mich allein schon über 160 € und nicht mal einen den ich überhaupt wollte. Also was will man mehr… :-)
Leider hatten sie aber nur den einen auf Lager und Theo musste seinen für morgen bestellen aber da er seinen Reifen aber eh noch nicht wechseln musste war das nicht das Problem. Da sie den Reifen leider nicht selber umziehen konnten waren sie aber so nett und schickten uns einen Mann mit der uns den Weg zur nächsten Werkstatt wies. Das umziehen war in nicht mal fünf Minuten erledigt und kostet mich läppische 5000 Peso. Topp...
Anschließend konnte ich Theo noch überreden mich mit samt dem Gepäck zum Busbahnhof zu fahren. Welcher so ziemlich am anderen Ende der Stadt lag und mit dem Moped deutlich schneller zu erreichen war als mit den Öffis. Wir wussten ja nicht wann ein Bus fahren würde. Den Bus um 16 Uhr verpassten wir um eine gute Stunde was aber nicht weiter tragisch war da um 19 Uhr noch einer fahren sollte. Also hatte ich noch genügend Zeit um was zu Essen und mich mit Getränken für die Fahrt zu versorgen, Perfekt. Theo machte sich derweil schon auf den Weg zurück zum Hostel. Das Busticket kostete übrigens umgerechnet 20€ und das Beste war das ich nicht mal umsteigen brauchte. Also eigentlich nur einsteigen, zurück lehnen und genießen. ;-)
Soweit die Theorie in der Praxis sah es so aus… Ich eingequetscht am Fensterplatz zwischen einem unglaublich beleibten Kolumbianer. Welcher erst permanent lautstark telefonierte und mir anschließend auch noch lautstark das „Lied vom Tod“ in das Ohr vorschnarchte. Während die Dame in dem Sitz vor mir die Rückenlehne bis zum Anschlag zurück geschoben hatte (oder vielleicht waren es auch meine Knie die die Position der Lehne bis nach hinten begrenzte…?). Jedenfalls war meine „Bewegungsfreiheit“ nun die Gleiche wie auf der Hinfahrt. Hinzu kam zu allem Überfluss auch noch das die Klimaanlage dermaßen kalt eingestellt war das mir gefühlt sämtliche Gliedmaßen abgefroren sind. Dass man die Lüftung die genau über meinem Kopf blies weder abstellen oder zumindest verstellen konnte brauch ich ja nicht wirklich zu erwähnen. Jeder wirklich jeder in diesem Bus hatte sich in eine Decke gehüllt oder zumindest in eine Jacke verkrochen. Selbst der Busfahrer. Ich kapier einfach nicht warum die Klimaanlagen hier immer dermaßen kalt eingestellt werden obwohl es doch offensichtlich wirklich jedem viel zu kalt ist. Da passte es gut dass der Bus zudem über zwei Stunden Verspätung hatte und ich so über sieben Stunden in dem fahrenden Kühlschrank gefangen war. :-/
Anscheinend verdiente sich der Busfahrer noch nen Peso nebenbei in dem er gegen ein gewisses Entgelt Waren von A nach B transportierte. Anders kann ich mir nicht erklären warum er mehrmals irgendwo in der Pampa anhielt irgendwelche Autos vorfuhren und Taschen, Säcke und Kisten verladen wurden und schließlich Geld wechselte. Offizielle Halte zum Aussteigen gab es jedenfalls bis ich ausgestiegen bin nur einen. Deshalb wahrscheinlich auch die Verspätung. Naja jedem das seine…
Ich war jedenfalls ziemlich kaputt als ich um halb drei im Hotel ankam und froh dann endlich ins Bett fallen zu können.
Aber trotz allem war es doch auch ein Erfolgreicher Tag und Rückblickend auch die Beste Lösung. Hier zahlte es sich mal wieder aus mit mehreren und nicht alleine zu Reisen. Klar unterm Strich wär die Prozedur auch alleine nicht viel anders verlaufen. Aber so konnte ich mir zum einen die Busfahrt hin ersparen und hatte obendrein noch jemanden der einen Blick auf die Betty und meine Klamotten werfen konnte während ich unterwegs war.
Nun konnte es denn auch endlich weiter gehen…
Tagessroute: La Gomez → Medellín → La Gomez
Tageskilometer: ca. 390 Km